Prüfungsaufgaben, die schriftlich bearbeitet werden, gibt es in verschiedenen Formaten, die sich vor allem in den Antworten unterscheiden: Bei ungebundenen Aufgaben hat der Prüfling verschiedene Möglichkeiten, das Ergebnis zu formulieren; bei gebundenen Aufgaben steht die Antwort von vornherein fest: Er wählt aus vorgegebenen Möglichkeiten eine oder mehrere richtige Antwort(en) aus oder gibt eine Zahl oder einen Begriff ein.
Die grundlegenden Kriterien, die für die Erstellung dieser Aufgaben gelten, sind für beide Formate gleich. Denn alle Prüfungsaufgaben müssen den Anspruch erfüllen, dass mit ihnen wesentliche Elemente beruflicher Handlungskompetenz erfasst werden. Sie sind klar und verständlich zu formulieren und sollen praxisbezogen sein. Über diese grundlegenden Kriterien hinaus gibt es bei der Entwicklung von gebundenen und ungebundenen Aufgaben dennoch einige Grundsätze zu beachten, die sich wesentlich voneinander unterscheiden.
Was zeichnet ungebundene Prüfungsaufgaben aus?
Aufgaben, bei denen ein Ergebnis oder eine Antwort auf eine Frage individuell zu formulieren ist, werden auch als offene Aufgaben oder Freitextaufgaben bezeichnet. In ihrem Aufbau unterscheiden sie sich nicht prinzipiell von gebundenen Aufgaben. Beide Formate bestehen in der Regel aus einem Informationsteil, in dem eine berufstypische Situation beschrieben wird, dem Auftrag oder der Frage sowie einem Antwortfeld. Es können auch zusätzliche Dokumente zur Verfügung gestellt werden, die der Prüfling für die Bearbeitung der Aufgabe heranzieht.
Ungebundene Aufgaben enthalten in der Regel Themen, Probleme oder Fälle, mit denen sich der Prüfling intensiver auseinandersetzen muss. In diesem Prozess erarbeitet er ein individuelles Ergebnis. Die Aufgaben bieten dem Prüfling eine gewisse Gestaltungsfreiheit für seine Antworten. Dabei gibt es Aufgaben, die zum Beispiel eine Antwort in Form von Stichpunkten oder einem Satz erfordern, und es gibt komplexe Erarbeitungsaufgaben, deren Ergebnis ein Geschäftsbrief, eine Dokumentation oder ein Schaltplan sein kann. Dies geht aus der Aufgabenstellung hervor.
Bewertung mitdenken
Wichtig bei der Aufgabenerstellung ist, die Bewertung der Aufgabe mitzudenken. Während bei gebundenen Aufgaben das Ergebnis feststeht, gibt es für das Ergebnis von Freitextaufgaben oft mehrere Lösungsmöglichkeiten und -wege. Diese müssen als Musterlösungen oder Lösungsvorschläge für die anschließende Bewertung zur Verfügung gestellt werden.
Welche Typen gebundener Prüfungsaufgaben gibt es?
Gebundene Aufgaben gibt es in verschiedenen Varianten. Gemeinsam ist allen, dass das Ergebnis der Aufgabe im Vorfeld exakt feststeht. Der Prüfling hat in der Regel die Antwort auszuwählen – daher werden diese Prüfungsaufgaben auch Antwort-Wahl-Aufgaben genannt. Wenn die Prüfung digital durchgeführt wird, ermöglicht dies zum Beispiel die maschinelle Auswertung der Ergebnisse. Für die Erstellung der Aufgaben ist es wichtig, die Unterschiede zu kennen.
- Alternativaufgabe: Der Prüfling hat die Auswahl zwischen zwei Antwortmöglichkeiten. So muss er sich etwa entscheiden, ob eine Aussage zutrifft oder nicht (ja/nein – falsch/richtig), oder er entscheidet sich zwischen zwei Aussagen.
- Mehrfachwahlaufgabe: Zu diesen Aufgaben gehören die Multiple-Choice-Aufgaben, bei denen der Prüfling sich aus mehreren Antwortmöglichkeiten für die richtigen entscheiden muss. Wenn nur eine Antwort richtig ist, nennt man die Aufgabe auch „Single Choice“. Neben richtigen Antworten soll auch eine bestimmte Anzahl an Falschantworten (Distraktoren) angeboten werden.
- Zuordnungsaufgabe: Bei dieser Variante müssen Elemente zweier gegenüber liegenden Reihen einander zugeordnet werden.
- Reihenfolgeaufgabe: Dies Aufgabe erfordert, dass der Prüfling ungeordnete Elemente sortiert – also in die richtige Reihenfolge bringt.
- Kurzantwortaufgaben: Eine Art Zwitter sind Kurzantwortaufgaben. Die Antwort auf diese Aufgaben steht im Vorfeld exakt fest – der Prüfling gibt beispielsweise ein Lösungswort oder ein Rechenergebnis in ein vorgegebenes Feld ein. Allerdings muss er die Antwort selbst frei aus dem Gedächtnis generieren, statt sie auszuwählen. Der Hauptausschuss des BIBB empfiehlt, sie zu den gebundenen Aufgaben zu zählen
Gebundene Aufgabe | Kurz-Antwort-Aufgabe | Ungebundene Aufgabe | |
Bezeichnungen | Antwort-Wahl-Aufgaben, Geschlossene Aufgaben | Halboffene Aufgaben | Offene Aufgaben, Freitext-Aufgaben |
Varianten | Mehrfachwahl-Aufgabe, Alternativaufgabe, Zuordnungsaufgabe, Reihenfolgeaufgabe | ||
Was muss der Prüfling tun? | Antwort auswählen, Elemente zuordnen oder sortieren | Ein Wort oder eine Zahl (frei) als Text eingeben | Antwort oder Ergebnis erarbeiten und frei formulieren |
Lösung zur Aufgabenstellung | Lösung steht fest | Lösung steht fest | Es kann verschiedene Lösungsmöglichkeiten und -wege geben |
Auswertung | Maschinell möglich | Maschinell möglich, ggf. mit menschlicher Hilfe | Qualifizierte Person erforderlich |
Bei der Entscheidung, welches der beiden Formate für eine Aufgabe gewählt wird, spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Verschiedene Akteure der beruflichen Bildung schätzen die Vor- und Nachteile beider Aufgabenformate unterschiedlich ein. Im Juni 2023 veröffentlichte das BIBB hierzu eine Empfehlung des Hauptausschusses, die die Antwort-Wahl-Aufgaben in den Blick nimmt. Sie nennt Vor- und Nachteile dieses Formats und beschreibt, was bei der Gestaltung dieser Prüfungsaufgaben zu beachten ist. Zur Hauptausschussempfehlung
Eine noch differenziertere Auseinandersetzung mit gebundenen Prüfungsaufgaben finden Sie in der BIBB-Publikation „Antwort-Wahl-Aufgaben – Begriffsverständnis, Erkenntnisse und Gestaltungsmöglichkeiten“. Hier wird auch explizit empfohlen, dass die verschiedenen Aufgabenformate, die in der Prüfung eingesetzt werden, stärkenorientiert und sich ergänzend in das zu konstruierende Prüfungssetting eingebunden werden sollten.
Hinweis zur Durchführung von schriftlich zu bearbeitenden Prüfungsaufgaben:
Im Regelfall ist es hinreichend, wenn im Rahmen der Prüfungsdurchführung eine aufsichtführende Person ohne berufsfachliche Eignung anwesend ist.