1. Berufsausbildungsvertrag
Nach durchlaufenem Bewerbungsverfahren wird das Ausbildungsverhältnis durch Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages zwischen dem Ausbildenden und der Auszubildenden / dem Auszubildenden begründet. Bei minderjährigen Auszubildenden ist zusätzlich die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter erforderlich. Dies sind im Regelfall als Personensorgeberechtigte Mutter und Vater gemeinsam.
Die Rechtsnatur dieses Ausbildungsverhältnisses wird oft als modifiziertes Arbeitsverhältnis oder Vertragsverhältnis eigener Art mit zusätzlichen Elementen von Ausbildung- und Erziehungsverhältnis eingestuft. Jedenfalls sind gemäß § 10 Abs. 2 BBiG grundsätzlich die für ein Arbeitsverhältnis geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anwendbar, soweit nicht das BBiG speziellere Regelungen beinhaltet.
Für den Abschluss des Berufsausbildungsvertrages sieht das BBiG keine besondere Form vor, sodass er auch mündlich zwischen den Parteien abgeschlossen werden kann. Allerdings schreibt § 11 BBiG vor, dass eine Vertragsniederschrift vor Beginn der Ausbildung zu erfolgen hat und mindestens folgende Angaben enthalten muss:
Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung, insbesondere der Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll
Beginn und Dauer der Berufsausbildung
Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte
Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit
Dauer der Probezeit
Zahlung und Höhe der Vergütung
Dauer des Urlaubs
Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann
Allgemeine Hinweise auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Berufsausbildungsverhältnis anzuwenden sind
Form des Ausbildungsnachweises
Diese Vertragsniederschrift ist von dem Ausbildenden, der Auszubildenden / dem Auszubildenden und ggf. dessen gesetzlicher Vertreter zu unterschreiben. Der Auszubildenden / dem Auszubildenden und seinen gesetzlichen Vertretern ist die unterzeichnete Niederschrift unverzüglich auszuhändigen.
Es empfiehlt sich, den von der jeweils zuständigen Stelle herausgegebenen Muster-Berufsausbildungsvertrag zu verwenden, der um sog. "Sonstige Vereinbarungen" ergänzt werden kann, um die nötige Individualität und Flexibilität eines jeden Ausbildungsverhältnisses zu gewährleisten.
Werden nachträglich inhaltliche Änderungen vorgenommen, so sind auch diese Änderungen schriftlich festzuhalten, zu unterzeichnen und der Auszubildenden / dem Auszubildenden unverzüglich auszuhändigen.
Betrieblicher Ausbildungsplan
Der Betrieb muss den Ausbildungsrahmenplan vor Beginn der Ausbildung in einem betrieblichen Ausbildungsplan auf die konkreten betrieblichen Gegebenheiten anpassen. In dem betrieblichen Ausbildungsplan muss auch stehen, wie viel Lernzeit für welche Inhalte im Betrieb oder ggf. bei Verbundpartnern vorgesehen ist.
Sollten nicht alle Ausbildungsabschnitte von einem Betrieb angeboten werden können, können mehrere natürliche oder juristische Personen in einer Verbundausbildung zusammenwirken. Dabei muss die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt sein.
Ein Mangel in der Berechtigung, Auszubildende einzustellen oder auszubilden, berührt die Wirksamkeit des Berufsausbildungsvertrages nicht, § 12 BBiG.
Hingegen ist eine Vereinbarung über
die Verpflichtung Auszubildender, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen,
Vertragsstrafen,
den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen,
die Festsetzung der Höhe eines Schadensersatzes in Pauschbeträgen
nichtig.
Bei der zuständigen Stelle muss die Eintragung des Berufsausbildungsverhältnisses vorgenommen werden, § 34 BBiG.
2. Wahlqualifikationen festlegen
In den Ausbildungsverordnungen der Ausbildungsberufe kann eine Anzahl an "Wahlqualifikationen" vorgeschrieben sein. Sie sind von Bedeutung für die Ausbildung und Abschlussprüfung. Die dort vorgeschriebenen Wahlqualifikationen müssen bereits im Berufsausbildungsvertrag schriftlich vereinbart werden oder können mit einem Vertragszusatz als Anlage zum Berufsausbildungsvertrag nachträglich (spätestens ein Jahr vor Ausbildungsende) erfolgen. Der Umfang der Wahlqualifikationen beträgt insgesamt zwischen 6 und 18 Monate. Sie dienen der Vertiefung bereits erworbener Qualifikationen sowie der Erlangung höherer Handlungskompetenz.
3. Ärztliche Erstuntersuchung bei Minderjährigen
Vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses müssen sich minderjährige Auszubildende einer ärztlichen Erstuntersuchung unterziehen, die innerhalb der letzten 14 Monate vor Beschäftigungsbeginn zu erfolgen und die sich auf den Gesundheits- und Entwicklungsstand und die körperliche Beschaffenheit des Auszubildenden zu erstrecken hat. Hierüber hat der untersuchende Arzt eine entsprechende Bescheinigung auszustellen, die der Auszubildenden / dem Ausbildenden vor Beginn der Ausbildung vorzulegen ist, §§ 32 ff. JArbSchG.
Der Arzt kann ggf. einen sog. Gefährdungsvermerk über Arbeiten, die der Jugendliche nicht ausführen darf, aufnehmen. Ein Jahr nach Beginn der Ausbildung haben minderjährige Auszubildende dem Ausbildenden eine ärztliche Nachuntersuchung, die nicht länger als drei Monate zurückliegt, nachzuweisen. Der Ausbildende ist gehalten, die Auszubildende / den Auszubildenden auf diese Nachweispflicht frühzeitig hinzuweisen. Nach Ablauf von 14 Monaten nach Ausbildungsbeginn ohne Nachweis der Nachuntersuchung dürfen jugendliche Auszubildende nicht mehr weiter beschäftigt werden.
4. Probezeit, § 20 BBiG
Zu Beginn eines Ausbildungsverhältnisses steht die Probezeit. Für Auszubildende soll sie dazu dienen, den Beruf und den Ausbildungsbetrieb kennenzulernen. Auf der anderen Seite hat der Ausbildungsbetrieb die Möglichkeit, festzustellen, ob die Auszubildende / der Auszubildende das Potenzial hat, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen und ob sich die Person gut in den Betrieb einfügt.
Die Probezeit soll mindestens 1 und höchstens 4 Monate dauern. In dieser Zeit können die beiden Vertragspartner ohne eine Angabe von Gründen das Ausbildungsverhältnis jederzeit kündigen. Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und tritt dann, da keine Frist einzuhalten ist, in der Regel sofort in Kraft und beendet das Ausbildungsverhältnis. Die Kündigung muss der Kammer umgehend mitgeteilt werden. Auszubildende haben Anspruch auf anteiligen Urlaub und Vergütung.
Einen besonderen Kündigungsschutz in der Probezeit genießen allerdings Auszubildende, die entweder schwanger oder schwerbehindert oder aber Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung ("JAV"), der Interessenvertretung der Auszubildenden und Jugendlichen in einem Betrieb oder einer Dienststelle, sind.
Eine Probezeit kann nur verlängert werden, wenn mehr als ein Drittel dieser Zeit z.B. durch Krankheit unterbrochen wird. Dann verlängert sich die Probezeit um diesen Zeitraum, soweit dies individualvertraglich vereinbart ist.
Eine sog. "Verlängerungsabrede" der Probezeit für den Fall einer längerfristigen (krankheitsbedingten) Unterbrechung der Probezeit stellt nach Auffassung des BAG keine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB dar und ist somit wirksam. Der Auszubildende kann durch die Verlängerungsabrede eine "zweite Chance" bekommen.
Eine Anrechnung einer Probezeit aus einem anderen zuvor bestehenden Vertragsverhältnis (hier Praktikumsvertrag) sieht § 20 BBiG nicht vor. "Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist nur dann unzulässig, wenn zwischen dem neuen Berufsausbildungsverhältnis und dem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt."